Uns liegt ein Beschluss das OLG Naumburg vom 6.6.2012 vor. In dem zu Grunde liegenden Prozess hatte sich das Gericht mit der Frage zu beschäftigen, ob dem Prozesskostenhilfe beantragende Antragsteller sein Begehren deshalb verwehrt werden kann, weil bereits ein Schlichtungsgutachten in der selben Angelegenheit vorliegt, welches zu dem Ergebnis kommt, dass kein Behandlungsfehler vorgelegen hat. In dem zu entscheidenden Fall lehnte das Landgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe aufgrund des ablehnenden Schlichtungsgutachtens ab. Das nächsthöhere Beschwerdegericht hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Es stellte fest, dass ein Schlichtungsgutachten im Wege des Urkundenbeweises grundsätzlich zu Beweiszwecken in einem Zivilprozess herangezogen werden kann. Im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung ist es dann grundsätzlich zulässig, auf Feststellungen der Gutachter des Schlichtungsgutachtens zurückzugreifen, ohne eigene gutachterliche Feststellungen in Auftrag geben zu müssen. Das Gericht stellte jedoch ausdrücklich fest, dass dies nicht möglich ist, wenn das Schlichtungsgutachten sich nicht mit allen Aspekten auseinander gesetzt hat, die der jeweilige Kläger/Antragsteller hervorbringt. Auch spricht es gegen eine Heranziehung, wenn der Kläger die Ausführungen des Schlichtungsgutachtens konkret kritisiert.
Werden daher Einwendungen gegen das Schlichtungsgutachten geltend gemacht, kann dieses nicht ohne weiteres in den Prozess eingeführt werden.
Für die Praxis bekräftigt dieses Urteil damit einmal mehr den Umstand, dass das Vorliegen eines ablehnenden Schlichtungsgutachtens noch lange nicht bedeutet, dass auch einer Klage in derselben Angelegenheit keine Aussicht auf Erfolg hat. Oft kommt es vor, dass sich in Schlichtungsverfahren beauftragte Gutachter nicht ausreichend mit dem zu Grunde liegenden Fall auseinandersetzen oder eben einseitig nur die in der Kranken-Akte dokumentierten Umstände ihre gutachterlichen Ausführungen zu Grunde legen.
Zu bedenken ist stets auch, dass die Kosten für ein Schlichtungsverfahren immer von der Berufshaftpflichtversicherung des jeweiligen Krankenhauses oder Arztes getragen werden. Die Kosten für das Verfahren, in dem eine Zahlungsverpflichtung des Krankenhauses/Arztes festgestellt werden soll, werden also von demjenigen gezahlt, der im Falle des Feststellens eines Behandlungsfehlers auch den Schadensersatz für diesen zu tragen hätte. Dieserjenige hat aber natürlich das geringste Interesse daran, einen Behandlungsfehler positiv feststellen zu wollen, da er ja ansonsten für diesen aufkommen müsste.